Julius-Blog

07.03.2023

Gedanken zu den Heiligen Vierzig Tagen vor Ostern 2023

„Zeige mir, HERR, deine Wege, lehre mich deine Pfade“
Psalm 25, 4

Worte am für den Weg durch die Vierzig Tage

Die vor kurzem begonnene Zeit der Neuorientierung ist schon wieder zur Normalität geworden. Der eine oder andere Fastenvorsatz wurde bereits relativiert. Übrigens meint Fasten nicht allein Askese beim Essen, sondern vielmehr Hinwendung zum Nächsten, Zeit für Gott, Zeit für sich selbst. Da ergibt sich ein weites Feld, um Fasten dann ganz anders verstehen zu können, als nur zu verzichten.

Im Psalm 91 findet sich ein sehr trostreicher Gedanke: „Er, (gemeint ist der HERR), befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen.“ Dieser Gedanke wird sehr gerne gewählt, um bei einer Tauffeier ein ermutigendes Wort aus dem Glauben mitzugeben. Wer diesen Taufspruch immer wieder bedenkt, kann sich in der Hand Gottes auf seinen Wegen geborgen wissen. Der Vers aus dem Psalm 91 und der gesamte Text wird sehr gerne auch dann rezitiert, wenn wir Kranken ein Wort der Zuversicht zusagen wollen. Für Kranke im Hospiz, die dort Gäste genannt werden, bringen die Gedanken des Psalms eine neue Qualität, um der Krankheit mit neuer Energie begegnen zu können.

In unserem Hospiz werden seit 10 Jahren schwerstkranke und auch sterbende Menschen begleitet. Ihnen stehen die Pflegenden zur Seite und gestalten den Alltag nach den Wünschen und Bedürfnissen der Gäste. Als Grundsatz muss festgalten werden, dass das Leben bejaht wird. Daher lässt sich auch die Fröhlichkeit aus dem Hospiz nicht vertreiben. Sie gehört zu Alltag. Das gesamte Team des Hospizes sieht es als selbstverständlich an, Schwerstkranke und Sterbende in ihrer letzten Lebensphase zu pflegen und zu unterstützen. Das Thema Sterben und Tod wird deshalb nicht ausgespart, sondern in die alltäglichen Gespräche integriert. Das Sprechen über das Lebensende und den Tod wird mit einer tiefen Ehrlichkeit vor dem Leben bedacht. Die Gäste und ihre Angehörigen erfahren, dass es dazugehört, diesem Thema auch mit Angst zu begegnen. Allerdings befreit auch das ehrlich Sprechen über dieses sehr entscheidende Moment vor mancher Angst und der Last, Falsches zu sagen. Ziel jeglicher Hospizarbeit ist es, das Leiden Sterbenskranker zu lindern. Das Verweilen im Hospiz vermittelt eine Atmosphäre, die von großem Vertrauen geprägt ist. Hier dürfen alle Fragen gestellt, die Ängste ausgesprochen, Sorgen bedacht und auch der Zorn zugelassen werden. Die unterschiedlichen Phasen des Lebens haben ihren Platz. Den Gästen im Hospiz beizustehen, ist die große Aufgabe aller, die sich der Hospizarbeit widmen. Es geht um die allumfassende Sorge um den Menschen in seinen Befindlichkeiten. Manches kann sicher auch nicht in Worte gefasst werden. Aber Zeichen der Zuwendung verdeutlichen, dass der Schwerstkranke und Sterbende weder vergessen noch alleingelassen wird. Im Hospiz lädt der neugestaltete Wintergarten dazu ein, sich zu begegnen und zu spüren, dass das Leben auch in einer sehr schweren Lebensphase wertvoll ist. In dem lichtdurchfluteten Raum steht vor allem die Begegnung der Gäste mit ihren Angehörigen und den Pflegenden im Mittelpunkt.

Von Thomas Stearns Eliot (1888-1965), einem englischsprachigen Lyriker wird uns der Ausspruch überliefert, der sehr gut für die gesamte Hospizarbeit passt: „Jeder Tag ist ein neuer Anfang.“ Jeder Kranke erlebt Höhen und Tiefen Frustration und Freude an diesem Leben. Mit ein wenig Vertrauen und der Achtsamkeit derer, die den Kranken nahe sein wollen, wird dieser neue Anfang des Lebens in unterschiedlichen Möglichkeiten spürbar.

Eine gesegnete Woche in den Tagen der Neuorientierung!
Ihr Bernhard Stühler, Pfarrer

   

Titelbild: Neuer Wintergarten im Juliusspital Hospiz (Foto: Maria Sippel)