Julius-Blog

05.03.2025

Achtgeben – zu Herzen nehmen

Gedanken zu den Heiligen Vierzig Tagen vor Ostern 2025

„Auf alles, was ich euch gesagt habe, sollt ihr achten.“ (1)
Exodus, 23, 13


Worte am Beginn für den Weg durch die Vierzig Tage
Es entspricht unserer Mentalität, sich in bestimmten Zeitabständen mit sich selbst, der eigenen Lebenssituation und mit manchen bisher ungelösten Fragen zu beschäftigen. Einfach in den Tag hineinzuleben, bringt keinen Fortschritt und keine Weiterentwicklung. So ähnlich dürfen wir den Beginn der Heiligen Vierzig Tage sehen. Mit dem Aschermittwoch setzen wir ganz bewusst ein Zeichen für sieben Wochen einer Neuorientierung. Einige Impulse in den kommenden Wochen mögen als Begleitung und Anregung dienen.

Es ist erstaunlich, wie häufig der Gedanke des Achtgebens in der Heiligen Schrift vorkommt. Dabei wird dies nicht immer nur als Mahnzeichen oder Warnung verstanden, sondern als eine Hilfe für eine fundierte Zeit des Nachdenkens und der Orientierung. Der Mensch soll sich seiner Würde bewusst sein und erkennen, wie er in dieser von Gott geschaffenen Welt als ein einzigartiges Wesen seinen Platz finden kann. Es wird auch darauf hingewiesen, diese Aufgabe mit Bedacht auszufüllen. Vor allem wird seine Verantwortung herausgestellt, die darauf abzielt, die ihm anvertraute Schöpfung im Zusammenwirken mit allen Menschen zu wahren. Achtgeben heißt dann, dass jeder Mensch von seiner Umwelt Notiz nimmt und alle Kausalitäten hinterfragt, weshalb die Welt so existiert und wie er seiner Verantwortung gerecht werden kann.

Neben diesem Auftrag, die Schöpfung zu bewahren, wird jedoch der Mensch selbst in seine persönliche Verantwortung genommen, auf sich selbst achtzugeben, entsprechend seiner Würde die Lebensumstände so zu gestalten, dass ein wertvolles und zufriedenes Dasein möglich ist. Jeder Mensch erkennt, dass er dabei auch achtzugeben hat auf die Menschen, mit denen er zusammenleben, zusammenwirken und zusammen kreativ sein will. Bei aller Ausrichtung auf die bestmöglichste Gestaltung des Lebens wird der biblische Mensch ermahnt, den Schöpfer der Welt und allen Lebens nicht zu vergessen.
Es ist verständlich, dass ein Heiliges Buch, unsere Heilige Schrift, deshalb von einem achtsamen Verhalten Gott gegenüber spricht. Was Gott dem Menschen in Worten und Zeichen anvertraut, soll dieser mit hoher Achtung bedenken, in sein Leben integrieren und befolgen. Der Mensch erkannte Gott als einen verantwortungsbewussten Begleiter an, respektierte ihn bei allen Entscheidungen, fragte ihn um Rat, um im Einklang mit seinem Willen das Leben zu gestalten. Der biblische Mensch wusste sich geborgen im Willen Gottes, nahm die Worte Gottes in sein Herz auf und erfüllte seinen Auftrag in der Welt.

Der Aschermittwoch mit dem Zeichen des Kreuzes aus Asche auf das Haupt gestreut oder die Stirne mit einem Aschenkreuz bezeichnet, ist im Grunde genommen der bewusste Beginn, sich in Gottes Hand zu geben. Die damit beginnende Zeit der Heiligen Vierzig Tage vor dem Osterfest können als Zeit, der Besinnung und der Neuorientierung angesehen werden.

Für die Fastenzeit, die Heiligen Vierzig Tage vor Ostern, wünsche ich Ihnen das Vertrauen auf Gott, der Ihnen hilft, achtsam mit dem Ihnen anvertrauten Leben umzugehen.

Bernhard Stühler, Pfarrer

Weitere Worte von Herrn Pfarrer Stühler zur Fastenzeit und zum Thema Achtsamkeit finden Sie auf unserem YouTube Kanalexterner Link.

„Nimm dich in Acht, achte gut auf dich! Vergiss nicht die Ereignisse, die du mit eigenen Augen gesehen, und die Worte, die du gehört hast!“ (2)
Deuteronomium 4, 9

Achte gut auf dich!
Dieser Vers ist entnommen der Rede Mose, der auf die Erfahrung der Nähe Gottes während des Auszugs aus Ägypten hinweist und das auserwählte Volk mahnt, diese liebende Nähe Gottes, sein helfendes Eingreifen nicht zu vergessen. Mose mahnt die Menschen, welche die großen Herausforderungen des Exodus überstanden haben, sich immer dankbar zu zeigen durch eine Lebenshaltung, die Gott den ersten Platz einräumt. Dadurch wird der Mensch nicht überheblich, sondern weiß sich in der sorgenden Lieben Gottes geborgen.

Auf sich selbst achten
Es gehört zu unserem Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl, sich ab und an durch kleine oder große Dinge zu beschenken. Dadurch wächst das Vertrauen in das selbst zu gestaltende Leben und hilft, die Freude im Alltag nicht zu vergessen. Es mag sein, dass viele Gegebenheiten die Lebensumstände mitbestimmen, mit denen wir bisweilen nicht einverstanden sind. Oftmals erst im Rückblick kann manche Grundgegebenheit als wertvoll angesehen werden, obwohl es viel Kraft kostete, diese Wegstrecke im Leben gehen zu müssen.

Der Grundgedanke im biblischen Vers ist, dass alles, was ein Mensch erfahren und erlebt hat, nicht verdrängt werden darf. Es gibt in der Tat sehr viele Ereignisse, die den Lebenswillen gestärkt haben, obwohl sie zum damaligen Zeitpunkt unangenehm und kaum zu bewältigen waren. Mit viel Energie und aller Kraft, die aufgewendet werden musste, wurde ein Ziel erreicht, das dem Leben eine veränderte und neue Perspektive geben konnte.

Natürlich werden die positiven Erfahrungen nicht so schnell vergessen, sondern bilden die Grundlage für weiteres Vertrauen in die eigene Schaffenskraft, um neue Ziele und Perspektiven aufstellen zu können. Dabei darf sich keiner mit den Lebensmöglichkeiten oder der Person anderer Menschen vergleichen. Aus einem gewisses Selbstbewusstsein erwachsen wertvolle Inspirationen für Ideen. Daher ist es hilfreich, seine eigenen Stärken aber auch Schwächen zu kennen und sich so zu akzeptieren wie das Leben die eigene Person geprägt hat. Wer im Leben bisher dunkle Zeiten durchleben musste und durch eigene Kraft, durch die Hilfe guter Menschen und durch den Beistand Gottes wieder auf die Beine kam, weiß um das Vertrauen, das in die eigenen Möglichkeiten gesetzt wurde. Dieses Vertrauen gab nicht nur Hoffnung, sondern setzte auch manche ungeahnte Kraft frei, die half aufzustehen.

Manche Ereignisse prägen das Leben und haben sich tief in die Erinnerung eingegraben. Im Unterbewussten begleiten sie die Entscheidungen und helfen, gute Wege einschlagen zu können. Sicher sind auch mahnende Worte von Kindheit an in Erinnerung. Manche würden gerne verdrängt werden, andere bleiben als ein gutes Wort, als Redensart oder helfendes Wort im Gedächtnis. So mancher triste Tag kann dann wieder mit Zuversicht gefüllt werden.
Die Vierzig Tage vor Ostern laden ein, sich Zeit zu nehmen für eine Erinnerung an das, was das Leben bisher geprägt hat, was oft schon vergessen schien, was unbewusst hilfreich war und einen Fortschritt brachte.

Die Zeit des Fastens als eine Zeit zu verstehen, in der ich meine eigenen Möglichkeiten und Stärken bewusst bedenke, mag ein weiterer Schritt sein, sich selbst zu achten.

Eine gesegnete zweite Woche in den Tagen der Vorbereitung auf Ostern!

Bernhard Stühler, Pfarrer

„Vernimm, HERR, mein Bittgebet, achte auf mein lautes Flehen!“ (3)
Psalm 86, 6


Achte auf mein Flehen!
Der Vers ist aus dem Psalm 86 genommen und beschreibt wie der Gläubige in ein inniges und gutes Verhältnis zu Gott kommt. Auf diesem Weg soll der Mensch auf die eigene Seele achten und die Nähe des Herrn suchen. Nichts soll wichtiger und größer werden als der HERR selbst. Die Worte des Betenden sind aus tiefem Vertrauen heraus gesprochen mit der Gewissheit, dass der HERR ihn erhören wird. Er ist zuversichtlich, dass der barmherzige Gott ihm antwortet.

Höre meine Bitte!
Moderne und aufgeklärte Menschen sehen sich in der Position, dass ihnen alles den Wünschen entsprechend gelingen kann. Sollte es sich einmal nicht so ereignen, dann werden schnell Bitten an Gott, an eine höhere Macht gerichtet. Von dorther werden Einsicht und Hilfeangebote erwartet und auch die Zusagen, dass Gott dem Menschen nahe sein wird.
Wie oft sind oder waren Menschen in Situationen, in denen sie nicht mehr wussten, wie alles zu bewältigen oder zu erfüllen ist. Nicht selten wird dann eine intensive Bitte, ein Stoßgebet, an Gott gerichtet. Der Mensch will dann Gott darauf aufmerksam machen, dass er diese Bitte, die sehr eindringlich an ihn herangetragen wird, doch erhören sollte.
Der Betende des Psalms spricht in diesen Worten aus eigener Glaubenserfahrung. Er erhebt seine Seele aus der ihn umgebenden Welt heraus zu Gott und richtet sie auf Ihn aus. Der Dichter weiß sich von der Güte des Allmächtigen getragen. Er geht einen Weg des Gehorsams und lebt als ein wahrhaft Frommer unter der Güte seines Gottes. Auf diese oft erfahrene Güte vertraut er und rühmt sie mit Dankbarkeit. Gott hat einen festen Platz in seinem Herzen; an jedem Tag ist der HERR sein Begleiter.
Diese Verbundenheit eines Bittenden mit Gott bleibt nicht nur auf die Worte der Heiligen Schrift eingeengt, sondern zeigt sich auch als Erfahrung des Menschen heute. Angesicht der vielen Herausforderungen im persönlichen Umfeld oder auch im beruflichen Alltag sieht sich der Mensch heute gefordert in seinem Handeln. Nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Menschen in seinem Umfeld möchte er eine vertrauenswürdige Situation gestalten. Oftmals übersteigt das die menschlichen Kräfte. Da sucht jeder nach einer vertrauensvollen und sichern Hilfe. Ist es dann nicht selbstverständlich, für sich Hilfe zu suchen oder zu erbitten? Wer überzeugt ist von seinem gerechten Tun für diese Welt, der darf sich Hilfe erbitten, um dieses Tun erfolgreich umsetzen zu können. Die Bitte an Gott herangetragen, ersetzt jedoch nicht die Nächstenliebe und die Verantwortung, mit aller Energie und Kompetenz das eigene Leben zu gestalten.
Vor Gott dürfen wir unsere Hilflosigkeit aussprechen und ihn um seinen Beistand bitten. Mit unseren eigenen Worten oder mit Versen aus einem Psalm können wir das ganze Leben mit allen Höhen und Tiefen zur Sprache bringen. Wenn wir vor Gott sprachlos geworden sind, können uns Verse aus den Psalmen helfen, unser Herz vor Gott „auszuschütten“. Niemand muss perfekt sein! Ein jeder darf sich Hilfe erbitten im alltäglichen Leben und auch dort, wo er ahnt, dass ihm eine höhere Macht, Gott selbst, zur Seite stehen wird.

Für die weiteren Tage auf dem Weg durch die Heiligen Vierzig Tage vor Ostern wünsche ich Ihnen Zuversicht und eine innere Sicherheit bei allen Unternehmungen. Trauen Sie sich auch, die Hilfe Gottes zu erbitten. Mit dem Beistand Gottes wird das Leben gelingen. Davon sind wir als Glaubende überzeugt!

Ihr Bernhard Stühler, Pfarrer