Julius-Blog

16.04.2024

"50 Jahre Pflegenotstand und kein Ende"

Letzter Vortrag von Palliativpsychologe Prof. Ernst Engelke für die Juliusspital Palliativakademie zieht Zuhörer in Bann.

Am 10. April 2024 stand der engagierte Vordenker und Pionier der Hospiz- und Palliativbewegung in Deutschland, Professor Engelke, ein letztes Mal als begehrter Referent der Palliativakademieexterner Link in der Stiftung Juliusspital vor großem Publikum. Rund 200 Ärzte, Pflegekräfte, Wegebegleiter und Freunde des bekannten Würzburger Palliativpsychologen lauschten gespannt seinen Ausführungen zum Thema "50 Jahre Pflegenotstand und kein Ende". 

"Es fehlen Menschen, die pflegebedürftige Menschen pflegen."

In seinem informativen und kurzweiligen Vortrag zeigte Prof. Engelke auf, dass der Pflegenotstand als Phänomen nicht neu ist. Bereits in den früheren Jahrhunderten bildeten sich aus diesem Mangel heraus die noch heute bestehenden Spitäler - in Würzburg das Bürgerspital sowie das Juliusspital, die sich um die Pflege und Krankenversorgung der Bevölkerung bis heute kümmern. Die heutige Ursache für den Pflegenotstand sieht er darin, dass "Menschen fehlen, die pflegebedürftige Menschen pflegen" wollen. Dabei hätten wir heute in Deutschland so viele Ärzte und Pflegekräfte wie nie zuvor. Zusätzlich sei in den vergangenen Jahrzehnten viel für eine Verbesserung der Pflege getan worden, sei es durch technische Hilfsmittel, Qualitätsmangement in Pflegeheimen, wirksame Schmerztherapien, anspruchsvolle Ausbildung für Pflegekräfte oder spezielle, entlastende Dienste. Die Bedingungen für Pflegebedürftige, pflegende Angehörige sowie für Pflegekräfte seien heute besser denn je, doch der hohe Anspruch von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen auf der einen Seite und utopischen Versprechen von Pflegeeinrichtungen auf der anderen Seite würden zu hartnäckigen Konflikten führen. "Das Pflegeproblem ist auch ein Folgeproblem; es folgt aus der mangelnden Wertschätzung alter und pflegebedürftiger Mitmenschen und ihrer Exklusion aus der Gesellschaft.", so Engelke. 

Pflegenotstand: Umdenken ist notwendig

Am Ende zeigt der renommierte Referent aber auch Lösungsmöglichkeiten für den Pflegenotstand auf und empfiehlt insbesondere allen Menschen, in gesunden Tagen ein soziales Netz um sich herum aufzubauen, das sie im Falle der eigenen Pflegebedürftigkeit selbstverständlich pflegt und versorgt. Wenn man den "Kollaps mit erschreckenden Folgen verhindern" wolle, müsse man Umdenken und Umkehren. Das heißt für Engelke: "Jeder Einzelne und der Staat sind zusammen für die Pflege verantwortlich." Er empfiehlt beispielsweise "eine Kooperation von Angehörigen, Freunden, Nachbarn, Ehrenamtlichen und professionellen Pflegekräften sowohl in der ambulanten als auch in der stationären Pflege."

Prof. Ernst Engelke und die Juliusspital Palliativakademie
Prof. Dr. Ernst Engelke, Jahrgang 1941, studierte Philosophie, Theologie, Pädagogik und Psychologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, wo er 1978 zum Doktor der Theologie promovierte. Seit den 70-er Jahren begleitet er regelmäßig Sterbenskranke und führt deutschlandweit Fortbildungen, Supervisionen und Projekttage für Mitarbeiter von Sozial- und Palliativstationen, Hospizen, ambulanten palliativmedizinischen Diensten, Altenheimen und Hospizvereinen durch.

"Für die Stiftung war es ein großer Gewinn, ja ein Segen, dass Sie den Weg zu uns in die Stiftung Juliusspital und unsere Palliativakademie gefunden haben und dass Sie uns so lange treu geblieben sind. Mit Ihnen hatten wir in den vergangenen 24 Jahren einen kompetenten und anerkannten Fachmann sowie einen streitbaren Geist im positiven Sinne an der Seite.", bedankte sich Oberpflegamtsdirektor Walter Herberth bei seiner Abschiedsrede.

Prof. Engelke begleitete den Aufbau der Juliusspital Palliativakademie sowie den beiden Palliativstationen am Juliusspital vom Jahr 2000 an als Beiratsmitglied und engagierte sich von Anfang an als Dozent von Seminaren und Workshops der Palliativakademie. Aus diesem Engagement entwickelte sich eine sehr enge und erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem langjährigen Leiter der Akademie, Günter Schuhmann, und dem vormaligen Chefarzt für Palliativmedizin am Juliusspital, Dr. Rainer Schäfer. Dieses Dreigestirn sorgte für eine permanente Aufwärtsentwicklung der Akademie sowie zu einer erfolgreichen Kooperation mit der Würzburger Domschule, die bis heute Bestand hat. „Unsere Zusammenarbeit war immer konstruktiv und von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Ich durfte viel von Ihnen lernen“, bedankte sich Akademieleiter Günter Schuhmann bei Professor Engelke. „Dass unsere Akademie durch palliativmedizinische Weiterbildung in den vergangenen 24 Jahren zahlreiche Ärzte, Pflegekräfte, Seelsorger und Angehörige entlasten konnte, ist nicht zuletzt Ihrem Wirken bei uns zu verdanken.“


Den vollständigen Vortrag von Prof. Ernst Engelke "50 Jahre Pflegenotstand und kein Ende" finden Sie auf der Webseite der Juliusspital Palliativakademie unter Aktuelles: Juliusspital Palliativakademie - Würzburg, Aktuellesexterner Link 
 

Bildergalerie

Text und Fotos: Maria Sippel, Stiftung Juliusspital Würzburg