„Das war der Wahnsinn“
Helmut Klüpfel strahlt übers ganze Gesicht. Mit dem Blatt, dass unser stellvertretender Kellermeister in der Mittagspause am Dienstag, dem 6. Oktober 2020, auf die Hand bekam, hat er sich den ersten Platz in der Geschichte des Schafkopfs in der Weinguts-Kellerei gesichert. „Das war der Wahnsinn“, schüttelt er den Kopf.
Doch eines nach dem anderen und ganz von Anfang an: Am 1. September 1976 startete Helmut Klüpfel seine Lehrzeit im Juliusspital Weingut. Voraussetzung für die Azubis, die damals noch „Stifte“ genannt wurden, war: Sie mussten lernen Schafkopf zu spielen. So auch „Stift“ Helmut.
Anfangs war er „Pisskartler“, spielte also immer dann, wenn einer der vier Spieler einer Runde mal auf Toilette musste. Dann durfte er mal ein, zwei Spiele machen und heute, nach über 40 Jahren, Schafkopferfahrung und unzähligen Siegen, hatte Klüpfel - nur drei Tage nach seinem 60. Geburtstag - das Blatt auf der Hand, von dem jeder eingefleischte Schafkopf-Spieler sein Leben lang träumt: „Die acht Laufenden.“
Das ist der „Jackpot“ beim Schafkopf, es sind die höchsten Trümpfe im Spiel und die Wahrscheinlichkeit, dass ein Spieler diese auf die Hand bekommt, sind verschwindend gering, halt wie ein Sechser im Lotto. Nur gibt es beim Schafkopf dafür leider keine Millionensumme zu gewinnen. Die „acht Laufenden“ sind alle vier Ober- und Unterkarten im Blatt das aus 32 Karten besteht. Wer sie hat, kann das Spiel als beendet erklären und seelenruhig den Gewinn einstreichen, der im Weingut aus ein paar Centmünzen besteht. Nein, bei diesem Spiel gab es mit 3,60 Euro „richtig Geld“ für den Gewinner.
Am 6. Oktober spielten Helmut Klüpfel, Werner Kraiß, Thomas Scheller und Michael Herbig, wie immer in der Mittagspause eine halbe Stunde Schafkopf. Das gehört in der Kellerei dazu, mittags zur Brotzeit kommen die Karten raus. Von den zwölf Weingutsmitarbeitern spielen acht Schafkopf, sogar die Azubis können das inzwischen.
An jenem Dienstag war Werner Kraiß mit Mischen und Ausgeben dran, er legte die ersten vier Karten reihum vor jeden der vier Spieler ab. Klüpfel drehte seine Karten um: Drei Ober, ein Unter. „Ganz gutes Blatt aber nichts Überragendes, kein Grund euphorisch zu werden“, dachte er bei sich, wartete ab. Kraiß ließ die zweite Runde Karten folgen. Klüpfel lupfte seinen Stapel erneut und stutzte. „Ich bin richtig erschrocken als ich die Karten sah, hab sie direkt wieder umgedreht, nochmal hochgenommen, weil ich es nicht fassen konnte“, lacht er.
Er hatte tatsächlich den „Jackpot“ auf der Hand, etwas, das ganz selten vorkommt beim Schafkopf. „Wie groß ist bei 32 Karten die Wahrscheinlichkeit, dass einer der vier Spieler alle acht Ober- und Unterkarten bekommt – verschwindend gering“, Klüpfel schüttelt immer noch ungläubig den Kopf.
Diesen Sieg haben die Weingutsmitarbeiter natürlich festgehalten. Klüpfels Kartenblatt hängt jetzt – versehen mit dem Datum und den Namen und Unterschriften der Mitspieler – an einem Ehrenplatz im Brotzeitraum der Kellerei – über dem Kühlschrank.
Sein „Pokerface“, für das er sonst so „berüchtigt“ ist, konnte Klüpfel an diesem Tag aber nicht aufrechterhalten, zu sehr überwog die Freude über diesen besonderen Sieg, einer der wohl einmalig bleibt in seiner Schafkopf-Karriere.