Julius-Blog

02.03.2023

Gedanken zu den Heiligen Vierzig Tagen vor Ostern 2023

„Zeige mir, HERR, deine Wege, lehre mich deine Pfade“
Psalm 25, 4

Worte am Beginn für den Weg durch die Vierzig Tage
Ein kleines Zeichen stand am Beginn der Heiligen Vierzig Tage vor Ostern, das uns auch weiterhin begleiten möchte. Sich ein Aschenkreuz auf die Stirne zeichnen zu lassen, fordert eine innere Überzeugung. Manche tragen es während des Tages und lassen sich dann nach dem Sinn dieses nachhaltigen Zeichens fragen. Antworten aus der eigenen Spiritualität zu geben, wird gewiss wache Ohren finden!

Im Psalm 41, der als Gebet eines Kranken und Verlassenen überschrieben ist, wird davon gesprochen, dass ein Kranker, der sich in seinem Leben mit Hilfsbereitschaft eines anderen angenommen hat, Stärke des HERRN erfahren wird. „Der HERR wird ihn auf dem Krankenbett stärken.“ (Ps 41,4) Dieser Impuls aus dem Gebet eines Krankens führt uns heute den Weg durch unser Krankenhaus, zu den Palliativstationen.

Seit 22 Jahren werden auf diesen Stationen im Juliusspital schwerstkranke und sterbende Menschen kompetent durch qualifiziertes und sehr engagiertes Personal in Medizin und Pflege begleitet. Der Gedanke von Cicely Saunders, einer Vorreiterin der Hospizarbeit, gibt dabei allen Helfenden die Grundlage: „Nicht dem Leben mehr Tage geben, sondern den Tagen mehr Leben.“ Es ist bemerkenswert, dass trotz der Herausforderung mit schwerster Krankheit, mit Verlusterfahrungen, Abschiednehmen, Schmerzen und Trauer eine sehr positive Atmosphäre zu spüren und zu erleben ist. Natürlich weiß jeder Kranke um die Schwere seines Leids und kennt die Schmerzen, die ihn plagen. Wer hofft nicht, mit guten Medikamenten eingestellt, eine gewisse Zeit schmerzfrei zuhause verbringen zu können? Der Mensch in seiner Gesamtheit steht im Mittelpunkt des ärztlichen, medizinischen, pflegerischen, therapeutischen und spirituellen Bemühens, wie auch die Weltgesundheitsorganisation WHO als Basis jeglichen Handelns vorgibt.
Wunderbar zu erleben, sind mache Feiern oder verschiedene Anlässe von Patientinnen und Patienten, die auch im Wohnzimmer gefeiert werden. Nicht selten wird von Angehörigen am Klavier eine zuversichtliche Stimmung für einige Momente geschaffen. Besucher erfreuen zudem mit Klaviermusik nicht nur die Patienten, sondern auch Angehörige, Pflegende und Mediziner.

Der deutsche Schriftseller Jean Paul (1763-1825) ermutigt, bisweilen auch unkonventionell zu handeln, wenn er sagt: „Gehe nicht, wohin der Weg führen mag, sondern dorthin, wo kein Weg ist, und hinterlasse eine Spur.“ Die Vorreiterinnen und Vorreiter der palliativen Sorge um den Menschen gingen neue – oder die ursprünglichen – Wege in der Betrachtung des kranken Menschen und haben Akzente gesetzt. Heute ist die Palliativmedizin nicht mehr wegzudenken. Menschen würdevoll in ihrer Krankheit und bis zum Ende ihres Lebens zu begleiten, ist zur Selbstverständlichkeit geworden und hinterlässt Spuren der Achtsamkeit, der Zuneigung, des Verstehens, des Vertrauens und gibt Geborgenheit in schweren Lebenslagen.

Für den Weg durch diese Heiligen Vierzig Tage vor Ostern wünsche ich Ihnen Mut, mit Bedacht andere Wege zu gehen, die sich unterscheiden vom Mainstream des Denkens und der alltäglichen Hektik. Überzeugt und zielstrebig zu leben und zu handeln wird gewiss die Geborgenheit erfahren lassen, dass der HERR im Leben stärken werde.

Ihr Bernhard Stühler, Pfarrer