Julius-Blog

07.03.2024

Impuls zur Fastenzeit IV: Almosen geben, beten, fasten

Gedanken zu den Heiligen Vierzig Tagen vor Ostern 2024 von Juliusspital-Pfarrer Bernhard Stühler

„Du aber, wenn du betest, geh in deine Kammer, schließ die Tür zu“
Evangelium nach Matthäus 6,6

„Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du gehen sollst;
ich will dich mit meinen Augen leiten. Psalm 32, 8

Auf dem Hauptgelände der Stiftung Juliusspital befindet sich bei der Einfahrt zum Parkhaus das grüne Schulgebäude. Hier erlernen in dem historischen Gebäude in den einzelnen Unterrichtsräumen die Schülerinnen und Schüler den Pflegeberuf. Diese generalistische Ausbildung zur Pflegefachkraft stellt sich als anspruchsvoll dar. Hinter dem Eingangstor betritt man das Treppenhaus, das zu den unterschiedlichen Lehrräumen führt. Ein Schulgebäude soll für alle Möglichkeiten einer modernen Unterrichtsgestaltung vorbereitet sein und sowohl Auszubildende und Dozenten in gleicher Weise motivieren. Die Pflegefachkräfte der Zukunft werden hier ausgebildet. Mit sehr viel Engagement und mit Zielstrebigkeit lassen sie sich für die Pflege in einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung ausbilden. Natürlich steht neben der Praxis auch der große Block der theoretischen Ausbildung oder Weiterbildung. Hier ist es gut einen geschützten Raum für das Lernen und die praktischen Erfahrungen zu haben.

Haben Sie schon einmal die Frage gestellt: Hat Jesus eine Ausbildung durchlaufen? Konnte er sich auf sein öffentliches Wirken einstimmen und vorbereiten? Eigentlich erfahren wir aus dem Leben des heranwachsenden Jesus sehr wenig. Eine Schulpflicht gab es wohl zur Zeit Jesu in Nazareth ebenfalls nicht. Dennoch überrascht uns das Wissen Jesu, der schon als Zwölfjähriger die Pharisäer und Schriftgelehrten im Tempel von Jerusalem in Staunen versetzte. Im Umgang mit den religiösen Verantwortlichen zeigt er sich als sehr schlagfertig und kompetent. Kleine Kinder wurden bereits an die Schrift herangeführt. Der Lehrer hatte für die Schüler die Buschstaben des hebräischen Alphabets in der ersten Unterrichtsstunde dabei und bestrich sie mit Honig. Jeder Schüler durfte dann einen Buschstaben abschlecken. Da ist auch das Wort aus dem Psalm verständlich: „Die Befehle des Herrn sind richtig, sie erfreuen das Herz. Sie sind kostbarer als Gold, als Feingold in Menge. Sie sind süßer als Honig, als Honig aus Waben.“ Psalm 19,9a.11 Als galiläischer Jude sprach Jesus im Alltag Aramäisch und besuchte die Toraschule der Synagoge in seinem Heimatort und konnte dort lesen und schreiben lernen. Das biblische Hebräisch wurde in Palästina zur Zeit Jesu kaum noch gesprochen. Er kann es dennoch beherrscht haben, da er den Tanach (die Heilige Schrift) laut NT gut kannte und in den Synagogen Galiläas vorlas und auslegte. Ob er die griechische Sprache, die damalige Verkehrssprache im Osten des Römischen Reiches sprach, ist wegen fehlender direkter Belege nicht nachweisbar.
Im Evangelium wird bezeugt, dass Jesu Zuhörer ihm das Predigen nicht zugetraut haben. Sie bemerkten jedoch, dass er sich von der traditionellen Schriftauslegung unterschied und lehrte wie einer, der Vollmacht hat. Von seinen Jüngern wird Jesus „Rabbi“ oder auch „Rabbuni“ – „mein Meister“ genannt.

Diese wenigen Hinweise mögen zeigen, dass Jesus neben seiner Tätigkeit als Handwerker – auch ein Rabbi hatte einen Beruf erlernt, um den Lebensunterhalt gewährleisten zu können – sich Zeit nahm für die Religion und die Spiritualität in seinem Leben. Seine Zuhörer regte er an darüber nachzudenken, wie der Glaube das alltägliche Leben bestimmen kann.

„Du kannst Dein Leben nicht verlängern, nur vertiefen.“ „Nicht dem Leben mehr Jahre, sondern den Jahren mehr Leben geben.“

Mit diesen Gedanken von Martin Buber wünsche ich Ihnen eine gesegnete Woche in den Vierzig Tagen der Vorbereitung auf Ostern.

Ihr Bernhard Stühler, Pfarrer