Julius-Blog

16.04.2020

Achtsam ausbalanciert

Unser Weinbergsmeister Lothar Flößer bewirtschaftet - zusammen mit seinem Team - juliusspitälische Weinberge an der Vogelsburg

Vogelsburg/Volkach – „Ich bin gerne Ökowinzer“, sagt Lothar Flößer und lacht. Seit 2011 die Augustinusschwestern die Vogelsburg auf die Stiftung Juliusspital Würzburg übertragen haben, bewirtschaftet der Weinbergsmeister des juliusspitälischen Weinguts mit seinem 15-köpfigen Team der Weinbergsgruppe Iphofen auch die zweieinhalb Hektar großen Ökoweinberge unterhalb der Vogelsburg.

Ein ausbalanciertes Ökosystem im Weinberg

Der Unterschied zum konventionellen Weinbau liegt in der Bearbeitung des Weinbergs mit dem Ziel, ein ausbalanciertes Ökosystem im Weinberg zu erhalten. „Dies erfolgt ohne den Einsatz chemisch-synthetischer Substanzen, um so die Belastung der Umwelt möglichst gering zu halten“, erklärt Flößer.

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Das beginne bei der Düngung, bei der statt Mineraldünger nur Humus, Kompost oder andere organischen Nährstofflieferanten eingesetzt würden und setze sich beim Pflanzenschutz fort. „Hier werden nur reiner Schwefel und Kupfer gegen den echten und falschen Mehltau eingesetzt und statt Schwefel in letzter Zeit sogar häufig schon erfolgreich Backpulver (Natriumbikarbonat) verwendet“, erklärt der Fachmann.

Es grünt und blüht zwischen den Rebzeilen

„Außerdem müssen wir immer achtsam sein und mit Pflanzenstärkungsmitteln – unter anderem Tonerde und verschiedene Gesteinsmehle - die Widerstandsfähigkeit der Reben verbessern.“  Unkräuter im Weinberg werden ausgegrast, heißt ohne chemische Herbizide entfernt. Zwischen den Rebzeilen säen die Fachleute bestimmte Blühmischungen aus um das Bodenleben und die Artenvielfalt in den Weinbergen so aktiv wie möglich zu erhalten. „Das zieht Nützlinge an, die die Schädlinge bekämpfen“, verdeutlicht Flößer.

Ökoweinbau an der Vogelsburg funktioniert gut

Natürlich ist das zeitaufwändiger und auch intensiver in der Bearbeitung als ein konventioneller Weinberg. Aber, so sagt Flößer, die „Vogelsburger Pforte“, so heißt die Weinlage unterhalb und um die Vogelsburg herum ist auch ein Ort, an dem Ökoweinbau gut funktioniert. Warum? „Das Gebiet ist windoffen, dadurch trocknen Laub und Trauben schnell ab was es wiederum den Pilzsporen schwierig macht, sich dort anzusiedeln“, erklärt Flößer. Denn diese brauchen eine gewisse Zeit lang Feuchtigkeit und wenig Sonnenlicht, damit sie so richtig wachsen und gedeihen können.

Augustinusschwestern legten Grundstein

Den Grundstein für den Oköweinbau auf der Vogelsburg legten die Augustinusschwestern, die die Anlage hoch über der Mainschleife mitsamt den Weinbergen am 1. Januar 1957 in Erbpacht übernommen hatten. Damals was Schwester Christa Schleser für den Weinbau zuständig, erzählt die heutige Priorin Schwester Hedwig Mayer: „Sie arbeitete zunächst ganz herkömmlich, wie sie es in Veitshöchheim (Landesanstalt für Weinbau) erlernt hatte und wie es im Haus üblich war, das heißt, Sie spritzte auch Herbizide.“ Doch sei ihr bei der Arbeit im Weinberg im Jahr 1964 aus Versehen Spritzbrühe in den Gummistiefel gelaufen und sie wurde krank. „Danach entschloss sie sich, auf Herbizide und Fungizide zu verzichten“, sagt Sr. Hedwig. Sr. Christa ließ den Boden Amt für Bodenkultur in Würzburg analysieren und düngte seither nur noch organisch. 1973 übernahm Sr. Hedwig die Bewirtschaftung des Vogelsburg Weinbergs.

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Und für sie war es keine Frage, den Ökoweinbau so fortzusetzen, wie Sr. Christa – als Pionierin – dafür den Grundstein gelegt hatte. „Dass wir als Frauen im Weinbau die Bewirtschaftungsweise in anderer Form vornahmen, brachte uns sehr viel Unannehmlichkeiten ein, da es ja mit der herkömmlichen Lehrmethode an den Schulen nicht übereinstimmte“, erinnert sich die Ordensfrau.

Die schwere Arbeit im Weinberg habe sie als Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung angesehen und auch so benannt. „Als religiöse Gemeinschaft war uns ein kleiner Teil der Schöpfung anvertraut, den wollten wir behüten und für folgende Generationen bewahren. Dieser lautet: Gott setzte den Menschen in den Garten Eden ihn zu bebauen und zu behüten“, sagt Sr. Hedwig und fügt hinzu: „Heute nennt man das Ganze nachhaltig wirtschaften.“

Mit Argusaugen über die Rebstöcke wachen

Lothar Flößer und sein Team sind zwar keine Pioniere mehr im Ökoweinbau aber für sie ist die Bewirtschaftung der zweieinhalb Hektar großen Rebfläche rund um die Vogelsburg eine Herausforderung. „Man befasst sich noch intensiver mit den Rebstöcken da man ja auf jede Möglichkeit des systemischen Pflanzenschutzes verzichtet“, sagt er. Natürlich ist das eine zeitaufwändige Arbeit und die Weinbergsmitarbeiter müssen mit Argusaugen über die Rebstöcke wachen, sie stärken und beobachten und kontrollieren, dass sich kein Schädling daran gütlich tut.

„Wenn sich ein Pilz eingenistet hat, dürfen wir nur das Laub und die Trauben entfernen, sonst nichts“, erklärt Flößer. Deswegen ist Vorbeugen beim Ökoweinbau das A und O. Pflanzenstärkung sorgt dafür, dass der echte Mehltau austrocknet. Eine Begrünung mit vielfältigen Blühpflanzen zwischen den Rebzeilen holt Nützlinge in den Weinberg, die die Schädlinge ganz natürlich bekämpfen. Doch vor Meltau ist man nie gefeit, weiß Flößer.

Ökoweinbau geht nicht in ausnahmslos allen Weinlagen, sagt Flößer. Dazu braucht es – wie bei der Lage Vogelsburg – verschiedene Voraussetzungen, die diese Art Weinbau unterstützten. Es nutzt nichts, Ökoweinbau über Biegen und Brechen einführen zu wollen, wenn dazu im Weinberg viel mehr vorbeugend gearbeitet werden muss und beispielsweise umfangreicher Maschineneinsatz zwischen den Rebzeilen den Boden verdichtet „Das widerspricht sich, denn das schadet den Rebstöcken mehr als dass es nutzt“, sagt Flößer. Es müssen also einige Faktoren zusammenpassen, damit Ökoweinbau – wie auf der Vogelsburg – auch erfolgreich und nachhaltig funktioniert.

Konventioneller Weinbau profitiert von Okö

Viele Erfahrungen aus dem Ökoweinbau fließen heutzutage schon in den konventionellen Weinbau ein. „Wir profitieren aus den Erfahrungen, die wir auf der Vogelsburg machen und haben schon einige davon auf unsere anderen Lagen an der Mainschleife übertragen“, ist Flößer zufrieden. In der Weinlage „Vogelsburger Pforte“ werden Silvaner, Müller-Thurgau und Traminer angebaut.

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Diese Weine schenkt Christoph Tacke, Pächter von Hotel-, Restaurant- und Tagungszentrum Vogelsburg selbstredend zu den frischen, regionalen, nachhaltigen und saisonalen Produkten mit Kreativität zubereitet, die er den Gästen im Restaurant und Weingarten serviert. Natürlich gibt es den Vogelsburger Ökowein nicht nur zum Genießen, sondern auch zum Kaufen auf der Vogelsburg hoch oben über der Mainschleife bei Volkach.